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Klein anfangen

Die erste Säule von Ikigai, “klein anfangen”, ist meiner Meinung nach die vielleicht wichtigste. Dabei ist es völlig egal, ob du das eigene Ikigai bereits gefunden oder noch absolut keine Ahnung hast, wo die Suche beginnen sollte. Wichtig ist es nur 

  1. anzufangen und
  2. die Dimension richtig zu wählen

Was meine ich damit?

Nun, Punkt eins ist vermutlich recht selbsterklärend. Hier ist es aber enorm wichtig zu verstehen, dass es gar nicht so entscheidend ist zu wissen, wo die eigene Suche beginnen sollte und dann anzufangen, sondern viel mehr einfach erstmal mit der Suche selbst anzufangen. Der Weg ergibt sich dann aus dem Machen heraus.

Es klingt etwas absurd und nicht zielführend. Als ob jemand auf eine Bergspitze will, aber nicht weiß auf welchen Berg und wo eigentlich genau der Wanderweg beginnt. 

Leider ist der rationale Teil unseres Gehirns nicht immer ein verlässlicher Partner, wenn es darum geht “Ikigai” zu finden. Lebenswege sind einfach viel zu komplex, um sie mit einfachen Gedankengängen abbilden zu können. Zu viele Variablen, zu viele Konstanten, zu viele aufwendige Mechaniken. 

Viel besser ist es, an einem fast schon beliebigen Punkt anzufangen, vielleicht von einer Intuition geleitet. Dann testest du systematisch über einen längeren Zeitraum, ob der gewählte Weg für dich funktioniert.

Ist dir schon öfters im Kopf herumgegeistert, dass du beispielsweise ein Buch schreiben willst? Super! Dann starte doch einfach testweise mit dem Schreiben von Kurzgeschichten! Du lernst zu schreiben und wenn es passt, wirst du dich automatisch in Richtung längerer Geschichten und vielleicht sogar eines Buches entwickeln. Vielleicht gefällt dir aber das Kurzgeschichten schreiben am Ende sogar so gut, dass du eben das als dein langfristiges Ziel etablieren willst?

Fang einfach irgendwo an und halte stets die Augen offen. Dann wirst du zwangsweise auf den richtigen Weg treffen. Vielleicht über 5 Umwege. Aber du wirst ihn finden! Darauf kommt es doch an!

Sei niemals so fokussiert auf das, was du suchst, sodass du dabei übersiehst, was du tatsächlich findest. – Ann Patchett



Die richtige Größe wählen

In Punkt zwei habe ich von der richtigen Dimension gesprochen. Wie der Titel schon suggeriert ist diese eben “klein”. 

Das Konzept des „klein anfangen“ ist so einfach und doch halten sich so wenige Menschen (mich eingeschlossen) daran. Niemand würde beim Training für einen Marathon sofort 42km rennen, beim ersten Boxkampf in den Ring mit Mike Tyson steigen oder beim ersten Mal am Mischpult sofort einen Charthit produzieren wollen.

Aber umgekehrt starten viele Leute wenn sie abnehmen wollen mit vier mal Sport pro Woche, wollen auf einen 4000er, wenn sie noch nicht mal normal wandern waren oder sofort die eine Aktie finden, die über Nacht 1000% macht. Sie wünschen sich sofort einen großen Einstieg und maximale Rendite. Ohne vorher klein anfangen zu müssen.

Objektiv betrachtet klingt diese Forderungen natürlich absurd. Aber doch handeln wir in vielen Lebensbereichen so, gerade wenn es um unsere neu gesetzten Lebensziele geht.

Aber habe ich wirklich mein Ikigai gefunden, wenn ich aus dem Stehgreif entscheide, dass ich der beste Sushikoch aller Zeiten werden und deswegen sofort ein Restaurant in der Münchner Innenstadt eröffnen will?

Nein.

Ich habe es vermutlich gefunden, wenn ich in meiner kleinen Küche Stunde um Stunde damit verbracht habe, die ersten traurigen inside-out-rolls zu fabrizieren. Wenn ich blind die richtige Menge Reis auf das Nori-Blatt legen kann. Wenn ich weiß, wie die verschiedenen Geschmackstöne perfekt untereinander harmonieren. Dann bin ich auf einem guten Weg und kann langsam darüber nachdenken das Puzzle zusammenzusetzen und ein Restaurant zu eröffnen. 

Warum? Weil ich vorher verstanden habe den Weg und nicht das Ziel zu lieben. Weil ich die Demut habe ganz unten, ganz klein anzufangen.

Wenn das passiert, dann kann ich mir sicher sein, dass ich die erste Säule meines Ikigai gefunden habe. 

Dein Niklas